Kyudo -
Japanisches Bogenschiessen

Von Sven Zimmermann

Was ist Kyudo?

Das Wort „Kyudo“ (in wörtlicher Übersetzung „Weg des Bogens“) bezeichnet das japanische Bogenschiessen. Kyudo wird mit einem etwa 2,27 Meter langen asymmetrischen Bogen ausgeübt. „Asymmetrisch“ bedeutet, dass sich das Griffstück im unteren Drittel des Bogens befindet. Es gibt keine Visiereinrichtung, Pfeilauflage oder stabilisierenden Gewichte, wie sie von Sportbögen bekannt sind.

Ein paar Worte über die Geschichte

Der typische asymmetrische Bogen erscheint zum ersten Mal in einer Abbildung aus dem 3. vorchristlichen Jahrhundert und hat sich in seiner Form bis heute erhalten. Bis zur Einführung der Feuerwaffen wurde der Bogen in Japan für die Jagd, von den Samurai zur Kriegführung, aber auch - und dies bis in unsere Zeit - zu zeremoniellen und religiösen Zwecken benutzt. Um den Bogen handhaben zu können, bedarf es einer ganz besonderen Technik, die über die Jahrhunderte hinweg von verschiedenen Kyudo-Schulen entwickelt und perfektioniert wurde. Einige der traditionellen Schulen haben über Generationen hinweg bis heute Bestand. Das heute praktizierte Kyudo verbindet eine jahrhundertealte Tradition mit dem Bedürfnis des heutigen Menschen nach sportlicher Betätigung, Konzentration und Ausdauer. Im Ursprungsland Japan praktizieren heute etwa 500000 Menschen Kyudo - Schüler und Studenten, Hausfrauen, Kaufleute, Angestellte, Rentner. Der Zen-Meister ist - und war stets - die Ausnahme.

Verschiedene Formen des Kyudo

Heute existieren in Japan noch einige wenige Schulen, die im Mittelalter entstanden sind und ihr Wissen und die für unterschiedliche Zwecke nötige Schiesstechnik bis in die heutige Zeit überliefert haben. Je nachdem, ob der Schütze stehend oder knieend auf die vom Schlachtfeld herrührende Standarddistanz von 28 Metern schiesst oder vom Pferderücken aus oder ob er das Schiessen auf grosse Distanz ausübt, sind spezielle Techniken nötig. In Japan entstand überdies in den 20er-Jahren aus den verschiedenen Schulen eine Standard-Schiessform, die heute von der Alljapanischen Kyudo-Föderation (ANKF) vertreten und von den meisten japanischen Schützen („Kyudoka“) ausgeübt wird. Auch ein Teil der deutschen Kyudoka übt nach dieser Standardmethode.

Kyudo in Deutschland

In Deutschland wird Kyudo seit 1969 ausgeübt. 1969 besuchten Professor Inagaki Genshiro und weitere Lehrer der Alljapanischen Kyudo-Föderation Hamburg und unterrichteten Interessierte im japanischen Bogenschiessen. Aus dieser Urzelle entstanden nach und nach die mittlerweile 50 Kyudo-Vereine in der Bundesrepublik. Professor Inagaki, 9. Dan Hanshi, betreute bis zu seinem Tod 1995 die deutschen Schützen und unterrichtete sie in der Tradition der Mitte des 15. Jahrhunderts entstandenen Schule der Heki-ryu-Insai-ha, deren höchster Lehrer er war. Diese Lehrtradition wird von seinen Schülern in Japan weitergeführt, die alljährlich für Lehrgänge nach Deutschland reisen.

Kyudo international

Kyudo gibt es noch in zehn weiteren Ländern, die zusammen die Europäische Kyudo-Föderation (EKF) bilden, ausserdem bestehen Kyudo-Vereine in den USA und Australien. Im Mai 2006 wurde der Kyudo-Weltverband IKYF gegründet. Die erste Kyudo-Weltmeisterschaft wird voraussichtlich 2009 in Japan durchgeführt.

Wer kann mit Kyudo beginnen?

Kyudo ist für Frauen und Männer jeden Alters geeignet und es bedarf keiner Vorkenntnisse. Zu Beginn wird mit einer Gummizwille geübt, mit der sich die Bewegungsabfolge des Schusses gefahrlos simulieren lässt. Die Bewegungen vor, während und nach dem Schiessen sind festgelegt und werden immer wieder geübt. Dies erfordert und schult Ausdauer, Disziplin und Aufmerksamkeit. Nach einiger Zeit übt der Anfänger mit dem Bogen und schiesst dann ein halbes bis ein Jahr aus zwei Metern Entfernung auf eine mit Stroh gefüllte Tonne. Nach dieser Übungsphase wird auf die Standarddistanz von 28 Metern geschossen. Die Zielscheibe („Mato“) hat einen Durchmesser von 36 Zentimetern.

Wo wird geübt?

Die meisten Kyudo-Vereine üben in öffentlichen Hallen oder in Hallen der Sportvereine, in denen sie organisiert sind. Es gibt einige wenige Übungsanlagen („Dojo“), die nach japanischem Vorbild erbaut worden sind.

Die Handhabung des Bogens und das Schiessen

Der Schütze hält den Bogen mit der linken Hand und zieht mit der rechten Hand, an der er einen speziellen drei- oder vierfingrigen Schiesshandschuh aus Leder trägt, die Sehne mit dem eingenockten Pfeil bis hinter das rechte Ohr. Der Vorgang des Schießens besteht aus einer Abfolge von aufeinander abgestimmten Bewegungsabläufen. Auch für das Bewegen vor und nach dem Schuss gibt es eine festgelegte Form. Die Übungskleidung besteht in der Regel aus einer halbärmligen knopflosen Jacke („Gi“) und einem knöchellangen Hosenrock („Hakama“).

Wer unterrichtet Kyudo?

Jeder Verein verfügt über DSB-lizenzierte Übungs-leiter. Viele sind hochgraduierte Dan-Träger, sieben deutsche Übungsleiter tragen überdies den ersten Lehrertitel („Renshi“) der ANKF. Neben regelmässigem Training und weiteren Aktivitäten werden auf Bundes- und Landesebene Lehrgänge angeboten. Japanische Kyudo-Lehrer kommen jährlich nach Deutschland, um hier zu unterrichten.

Kyudo in den Sportorganisationen

Kyudo-Vereine gibt es in fast allen Bundesländern. Die Kyudo-Landesverbände oder Kyudo-Sektionen der Judo-Landesverbände sind als Mitglieder des Deutschen Kyudo Bundes e.V. (DKyuB) organisiert. Der DKyuB ist Mitglied im Deutschen Judo-Bund und über diesen im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Derzeit gibt es bundesweit etwa 1200 aktive Kyudoka, ein Drittel hiervon sind Frauen, in 50 Vereinen. Die meisten von ihnen üben nach der Methode der Heki-ryu-Insai-ha, andere nach der bereits erwähnten Standardmethode der ANKF.

Was braucht man zum Kyudo?

Die Ausrüstung besteht aus dem Bogen, einem Übungspfeil für die Strohtonne und vier Pfeilen für das Schiessen auf die Zielscheibe. Ausserdem benötigt man einen speziellen Schiesshandschuh und die bereits erwähnte Kleidung. Die komplette Ausrüstung in einfacher Ausführung kostet derzeit etwa 800 bis 1000 Euro.

Sich bewähren

Es gibt im Kyudo wie auch in anderen japanischen Sportarten - Judo, Karate, Kendo u.a. – Prüfungen. Durch Prüfungen werden bestimmte Graduierungen erworben, im Kyudo sind dies die Kyu-Grade für Anfänger und die auch aus anderen Budo-Sportarten bekannten Dan-Grade für fortgeschrittene Schützen. Verschiedenfarbige Gürtel werden nicht getragen. Auf Landes- und Bundesebene finden jährlich Wettkämpfe für Einzelteilnehmer und Mannschaften statt. In grösseren Abständen besteht überdies die Möglichkeit, auf europäischer Ebene und in Japan an Wettkämpfen teilzunehmen. Fortgeschrittene Schützen über sich ferner im zeremoniellen Schiessen oder in den überlieferten Formen des Schiessens auf dem Schlachtfeld.

Kyudo im Raum Bonn/Rhein-Sieg

Im April 2006 wurde bei den Schwimm- und Sportfreunden Bonn e.V. (SSF) eine Kyudo-Gruppe gegründet mit derzeit 15 aktiven Mitgliedern. Sie wird von Sven Zimmermann, Renshi 5. Dan, geleitet. Die Bonner Kyudoka trainieren im Sportpark Nord. Für Anfänger ist der Besuch eines Einführungskurses nötig, allerdings kann derzeit (April 07) kein Kurs angeboten werden. Interessenten schicken bitte eine eMail an kyudo-bonn@web.de, sie werden per eMail benachrichtigt, sobald es einen Kurs gibt. Weitere Infos gibt es auf der Website www.rhein-dojo.de

 

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